Russische Holzarchitektur im Malye Korely

Russische Holzarchitektur im Malye Korely

 

Das Malye Korely - Малые Корелы (auch Malye Karely, Malyje Korely) heißt übersetzt „Klein Karelien“. Es handelt sich dabei um ein Freilichtmuseum zum Thema Holzarchitektur und Volkskunst des Nordens Russlands. Die Originalgebäude aus dem 16.-19. Jahrhundert, die hier in den 1970igern in authentischer Umgebung wieder aufgebaut wurden, dienten schon häufig als Kulisse bei internationalen Filmdreharbeiten. Das Outdoor Museum zählt zu den Hauptattraktionen Nordrusslands.

Nach sechs Tagen auf See - im Zuge unseres Segeltrips von Norwegen nach Russland, waren wir froh, wieder Land zum Laufen unter den Füßen zu haben. Wir verbrachten schöne Stunden im Museumsdorf, in die Atmosphäre des alten Russlands eintauchend. Beim Betrachten der ca. 120 Denkmäler in Form von Kirchen, Kapellen, Landhäusern, Bädern, Windmühlen, Brunnen und Scheunen, störten uns lediglich Moskitos.

 

St. Georgs Kirche von 1672 aus dem Gebiet Wologda im Freilichtmuseum Malye Korely bei Arkangelsk
St. Georgs Kirche von 1672 aus dem Gebiet Wologda

Lage

Malye Korely liegt etwa 25 Kilometer südöstlich von Arkangelsk, nahe dem (gleichnamigen) Dorf Malyje Korely.

Alle 20-30 min fahren kleine Busse von Arkangelsk zum Freilichtmuseum (Nummer 104 vom Bahnhof und Nummer 108 von der Zentralen Bus Station). Die Fahrt dauert ungefähr 45 Minuten und ist, den Straßenverhältnissen sei Dank, sehr abenteuerlich.

 

Auf der Hin- und Rückfahrt kommt man an vielen Holzhäuser mit typisch russischer Bauweise vorbei. Sie sind natürlich neuer als die im Museum, viele von ihnen aber in weit schlechterem Zustand. Es ist spannend die alten und neueren Bauweisen zu vergleichen!

Das Malye Korely - Ein Freilichtmuseum

Eingangsschild des Malye Korely Freilichtmuseums bei Arkangelsk
Eingangsschild des Malye Korely

 

Malye Korely, das Staatliche Museum für Holzbau- und Volkskunst der nördlichen Gebiete Russlands, zeigt auf fast 140 Hektar Fläche etwa 120 hölzerne Bauwerke.

 

Die zentrale Idee: Das Schaffen einer geistigen Brücke zwischen der modernen und der alten Welt, das Erhalten von Kulturdenkmälern des russischen Nordens und die Würdigung deren Schönheit.

Alle Exponate wurden an ihren Originalstandorten abgebaut und im Museum wieder errichtet. Das Outdoor Museum wurde am 1. Juni 1973 für Besucher geöffnet und ist seit 1983 Mitglied des Verbandes der europäischen Freilichtmuseen.

 

Für mich war Malye Korely nach dem Museumsdorf Hägnan in Schweden, der zweite Freilichtmuseumsbesuch des Jahres.

 

Aufbau und Organisation

Lageplan des Malye Korely Freilichtmuseums bei Arkangelsk
Karte des Freilichtmuseums

 

Das Museum ist in vier Bereiche eingeteilt (auf dem Bild durch rote Linien gekennzeichnet). Diese sortieren die Gebäude nach ihrem ursprünglichen, geographischen Standort.

 

Jeder Bereich zeigt die typische Architektur und Merkmale der Dorfstruktur einer historischen Siedlung. Die ältesten Bauwerke sind aus dem 16. Jahrhundert (z. B. der Glockenturm aus dem Dorf Kuliga-Drakowanowo).

 

Die Gebäude haben Namens- und Informationstafeln. Die Namen werden auch in Englisch angegeben. Alles andere ist kyrillisch. Auch die Mitarbeiter des Museums sprechen kaum eine andere Sprache, weshalb es sinnig ist, einen Russisch-Versteher dabei zu haben. Ohne gehen viele Informationen flöten. 

 

Alle Gebäude in die man hineingehen darf, haben Personal. Die meisten sind Frauen mittleren Alters in Kleidung, die dem jeweils besichtigten Gebäude entspricht. Auch sie wissen einiges zu berichten. Aber eben nur auf russisch.

 

Die Bereiche

Die vier Bereiche in die sich das Malye Korely Museum aufteilt:


Kargopol-Onega

Nördliche Dwina

Mesen

Pinega.


Zwei weitere Teilbereiche befinden sich im Planungs- und Baustadium: Pomorje und Waga.

Der Ein- und Ausgang ist im Kargopol-Onega Sektor. Um in die anderen drei Bereiche zu gelangen, wird nördlich vom Glockenturm der Himmelfahrtskirche ein Weg genommen, der auf Holzplanken und Treppen durch das Flussbett führt.

 

Holztreppe im Malye Korely
Holzweg...
Im Malye Korely Freilichtmuseum
Wiesenweg...
Weg im Malye Korely
Waldweg...
Treppensteig im Malye Korely
Treppenweg...

Der Kargopol-Onega Bereich

Der Eingangsbereich befindet sich im Kargolopsko-Onezhsky Sektor. An Windmühlen vorbei (die größte von ihnen kann von innen besichtigt werden) fällt der Blick auf die imposante Himmelfahrtskirche (Wosnessenskaja zerkow, Вознесенская церковь) von 1669 mit ihren hölzernen Domen. Sie stammt aus dem Dorf Kuschereka und ist eines der bekanntesten Beispiele kubusförmiger Kirchenbauten mit rechteckiger Verkleidung. Den Mittelpunkt des Kargolopsko-Onezhsky Bereiches bildet der Glockenturm von 1854.

 

Kubusförmige Himmelfahrtskirche von 1669 im Malye Karely bei Arkangelsk
Kubusförmige Himmelfahrtskirche von 1669
Glockenturm von 1854 im Malye Korely
Glockenturm von 1854 im Malye Korely

 

Der Himmelfahrtskirche gegenüber stehen Tretyakov- und Pukhov-Haus aus dem 19. Jahrhundert. In diesen kann typische Einrichtung und Möblierung bestaunt werden. Nahe bei ist auch die kleine Kapelle des Propheten Elias (18. Jhd.).

 

Pukhov Haus aus den 1830igern im Freilichtmuseum Malye Korely
Pukhov Haus aus den 1830igern
Kapelle des Propheten Elias aus dem 18. Jahrhundert im Malye Korely
Kapelle des Propheten Elias aus dem 18. Jahrhundert

Der Bereich der nördlichen Dwina

Der dorfähnliche Dvinskoy Bereich besteht hauptsächlich aus den Häusern wohlhabender russischer Bauern. Diese ordnen sich im Halbkreis um das Herzstück:
Die enorme St. George’s Kirche (Georgijewskaja zerkow, Георгиевская церковь). Sie stammt aus dem Jahre 1672 und der Provinz Wologda.

 

St. George’s Kirche von 1672 im Malye Korely
St. George’s Kirche von 1672

Der Pinega Bereich

Im Pinezhsky Bereich gibt es drei größe Höfe mit umliegenden Gebäuden und eine typische Blockhütte ärmerer Bauern. Außerdem eine Jagdhütte und, ganz hinten, die kleine Kapelle der heiligen Dreifaltigkeit aus dem 18. Jahrhundert. Hier lohnt sich vor allem der Besuch der Schwarzen Hütten (chyornye izby).  Sie heißen so, weil sie keinen Schornstein haben und somit die Wände vom Ruß geschwärzt sind.

Der Mesen Bereich

Im Mezensky Bereich dreht sich vieles um Jagd und Fischerei, denn diese waren die Lebensgrundlage der Mezensky Bevölkerung.

Von hier gibt es einen tollen Ausblick über das Flusstal!

Gebäude im Malye Korely

Blockhauskunst im Malye Korely
Blockhauskunst

 

Das Museum Malye Korely bildet die Besonderheiten der Kultur des russischen Nordens ab. Vor allem die bäuerliche Architektur. Häufig findet sich die Kombination der Bereiche für Menschen und Tiere unter einem Dach.

 

Es werden hauptsächlich Höfe wohlhabender Bauern gezeigt, aber auch einige kleinere sind zu finden.

 

Damalige Zimmerleute bauten Kirchen, Hütten, Herren- und Bauernhäuser mit nicht viel mehr als einer Axt. Selten nutzten sie Entwürfe, sie hielten sich stattdessen an ihre Erfahrungen.

 

Farmhaus mit Rampe im Malye Korely Freilichtmuseum.
Farmhaus mit Rampe
Hütte eines Schmieds im Malye Korely, Sektor nördliche Dwina
Schmiedehütte im Dwina Bereich
Ein Speicher im Freilichtmuseum Malye Korely.
Speicher
Eine Windmühle im Freilichtmuseum Malye Korely.
Mühle

Schnitzerei und Farbe


 

Während einige der Gebäude einfach und ihrem Nutzen entsprechend gebaut wurden, gibt es andere mit vielen Details. Fenster, Türen und Stützen wurden reich mit Schnitzereien bedacht und an einigen Häusern wurden farbliche Akzente gesetzt.

 


Blick hinein

In viele Gebäude konnten wir entweder hineinschauen oder hineingehen. Einige sind dem Originalzustand nach eingerichtet und andere zeigen Ausstellungen und Sammlungen, die vom Leben und der Kultur des russischen Nordens erzählen.


Die Sammlung besteht aus zehn Kollektionen: 

"Holz"

"Metal"

"Leder, Textilien und Pelze"
"Horn und Knochen"

"Keramik und Glas"

"Bücher und Dokumente"

"Alte russische Malerei"

"Malerei und Grafik"

"Photographie"

"Sonstiges"


 

Viele Sammlungen haben die tägliche Arbeit der Zeit als Thema. Es gibt Angel- und Jagdbedarf, Gerber-, Töpfer- und Böttcherutensilien und natürlich Zimmerei- und Schreinereiwerkzeuge zu betrachten. Allein die Sammlung "Metall" besteht aus über 3500 Einzelteilen.

 

Küche im Malye Korely Freilichtmuseum
Küche
Schmiedewerkzeug im Malye Korely Freilichtmuseum
Schmiedezeug
Holzgeschirr im Malye Korely Freilichtmuseum
Holzgeschirr
Mühle im Malye Korely Freilichtmuseum
Mühle
Haken im Malye Korely Freilichtmuseum
Haken
Salzstreuer-Ente im Malye Korely Freilichtmuseum
Salzstreuer-Ente
Kassettenschrank im Malye Korely Freilichtmuseum
Kassettenschrank
Bottich im Malye Korely Freilichtmuseum
Bottich
Spinnrad im Malye Korely Freilichtmuseum
Spinnrad
Lampe im Malye Korely Freilichtmuseum
Lampe

 

Neben all den Möbel-, Kleidungs-, Malerei- und Geschirrsammlungen gibt es auch Ausstellungen zum Thema Fortbewegung: Schlitten, Wagen und natürlich Boote.

 


Fazit oder so.

Wer mich kennt, kennt mein Hütten-Faible. Kleine, alte, zerfallene Gebäude... Die gefallen mir. Ich stell mir vor, was darin passierte, wer dort lebte und wie.

Das im Hinterkopf macht klar, dass der Besuch des Museumsdorfes Malye Korely für mich ein Highlight der Zeit in Russland war. Und das nicht nur, weil es sich dabei um den ersten größeren "Landausflug" nach einer Woche auf See handelte: Das Wetter war grandios, das Gelände wunderschön und die Häuser und Ausstellungen mit all ihrem Drum-und-drin wahnsinnig interessant. Mir und dem Rest der Segelcrew hats in Russland auch an Land gefallen!

Text: Rike Jütte

Fotos: Arne Gerken und Rike Jütte

Danke fürs Lesen!

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