Nordic das Kochbuch - Küche meets Kultur

Rezension: Nordic das Kochbuch von Magnus Nilsson

 

Eigentlich muss man Buch (Nordic das Kochbuch) und Autor (Magnus Nilsson) schon nach dem ersten Satz lieben: „Ein Buch wie dieses zu schreiben ist nicht nur unmöglich, es ergibt auch keinen Sinn…“. Ich jedenfalls fühle mich sofort genötigt, ein Buch mit diesem Anfang von vorne bis hinten zu verschlingen. Aber auch dieses Vorhaben ist quasi nicht umsetzbar. Denn der Schinken wiegt gefühlte sechs Kilo und hat knapp 800 Seiten. Trotzdem sorgt der Wälzer schon beim groben Durchblättern für Entzücken meinerseits. Und ich bin noch nicht mal ein Foodie!

 

 

Autor Magnus Nilsson wollte das Buch anfangs gar nicht schreiben. Dann konnte er am Ende kaum damit aufhören. Der Aufwand, die Arbeit, die Zeit, und die Leidenschaft, die er in dessen Entstehung und Fertigstellung gesteckt hat, ist deutlich schmeckbar. Fließt irgendwie aus jeder einzelnen Seite.

 

Die meisten Fotos hat er selbst während seiner mehrjährigen Recherchereisen geschossen. Weitere kamen in seiner Küche zustande. Bilder von verlockenden Gerichten, mischen sich mit Fotos von ausgeklügelten Zubereitungsprozessen, delikaten Landschaften und feinen Schnappschüssen.

 

Der Mensch macht sich schon in der Einleitung so sympathisch, dass ich Lust bekomme mit ihm nach den Hintergründen von Glasbläserhering zu forschen und herauszufinden was der Unterschied zwischen dänischer und norwegischer Apfelschichtspeise ist. Und dann möchte ich ihm stundenlang in der Küche bei der Zubereitung von isländischem Laubbrot zuschauen. Bei einem guten Zuckerwein versteht sich. Und gegen karelische Piroggen als Beilage hätte ich wohl auch nichts einzuwenden.

 

Dann könnte er mir auch gleich von den drei Jahren berichten, die er durch Skandinavien getourt ist, um das Material und die Rezepte für Nordic - Das Kochbuch zu erbeuten, neue Freundschaften zu schließen und hinter die Geschichte von nordischem Essen zu kommen. Von Dänemark und Schweden, von Norwegen und Finnland, von Grönland, Island, Åland und Faröer, müsste er mir erzählen. Denn da war er überall, um ein umfassendes Bild zu bekommen. Außerdem hat er zu Recherchezwecken circa 400 andere Bücher gewälzt, auch davon kann er mir bestimmt einige Highlights kredenzen.

 

 

Im Buch geht es nicht nur um Rezepte an sich (davon finden sich übrigens um die 700!). Es ist keine schlichte Sammlung. Es geht um das Warum, das Wie und auch um das Wann. Den Kontext der vorgestellten Gerichte. Die Gesamtheit. Aber ohne den Anspruch an Vollständigkeit.

 

Das Aktuelle gehört zur Esskultur wie das Geschichtliche. Nilsson fragt sich zum Beispiel in einem Interview, ob die Taco-Quiche in 20 Jahren als schwedisches Nationalgericht gilt - denn ihr Rezept ist eines der meistgegoogeltsten in seiner Heimat. (Zeit-Interview: http://www.zeit.de/zeit-magazin/essen-trinken/2016-09/magnus-nilsson-faviken-nordic-kochbuch) Das kann ich ihm nicht beantwortet. Vielleicht wird es ja auch das Pomeranzenbrot?

 

Den Schwerpunkt hat der Autor auf Gemeinsamkeiten der verschiedenen skandinavischen Küchen gelegt, anstatt sich um Unterschiede zu kümmern. Natürlich finden sich auch „Klassiker“. Also das, was man eben erwartet. Mich interessieren die nicht so. Vor allem, da viele recht fleischhaltig sind. Damit kann ich nichts anfangen. Mich interessieren vor allem die weniger bekannten Leckereien. Schwedische Neunaugen gehören nicht dazu, die kannte ich schon, aber eine isländische Moossuppe wär mal was Neues, oder ein finnischer Salat mit eingesalzenen Pilzen.

 

Oder doch ein Quappeneintopf?

 

 

Anleitungen zu Grundtechniken, nicht nur bezüglich der Herstellung, sondern auch zum Konservieren und Haltbarmachen von Lebensmitteln gibt´s. Häufig schwingt ein Hauch entgegen der gängigen Wegwerf-Gesellschaft mit. Magnus Nilsson scheint auf Nachhaltigkeit, lokale und saisonale Bedingungen Acht zu geben. Meine Sympathie steigt weiter.

 

Und er klammert nichts aus. Auch wenn ich mir das bei einigen Rezepten und den dazugehörigen Geschichten und Informationen fast wünschen würde (Stichwort Meeressäuger, Gammelhai, Blut, Innereien etc.).

 

Ein Fazit. Oder so.

 

Nordic beinhaltet alles, was man von einem Kochbuch mit nordischen Rezepten erwartet. Zusätzlich ist das Ganze mit leckerer Fotografie, schmackhaften, fast vergessenen Traditionen, appetitlichen Geschichten und vollmundiger Alltagsküche gewürzt. 
 
Ich bin ja mehr so der "ohne Rezept Kocher und Wildkräutertyp" (Wildkräuterbratlinge, Bärlauchgedöns, Hering á la Garten). Aber es scheint, als werde ich demnächst wohl ab und an vor´m Kochen und Backen auch mal in ein Buch schauen (Långkål Rezept - Grünkohl schwedisch, Soll das so?! Kladdkaka, schwedischer Schokoladenkuchen).
 
Viele der Rezepte klingen so spannend, dass ich sie definitiv ausprobieren möchte.
 
Zumindest wenn ich mir den Norden nach Hause holen will...

Auch Lust auf schonischen Senf, Pajala Brei, fliegenden Jakob oder Borgmesterstang? Nein?! Keine Sorge, auch die Rezepte für Hackbällchen, Zimtschnecken, Preiselbeersoße und Dillhering sind im Buch! „Nordic das Kochbuch“ gibt´s zum Beispiel auf Amazon*.

 

"Nordic das Kochbuch"

Magnus Nilsson
erschienen am 12.09.2016
EAN 9783944297248
Phaidon by Edel
768 Seiten, 200+ Abbildungen

Vielen Dank an den Edel Verlag, der mir das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

Text und Fotos: Rike Jütte

Das könnte dich auch interessieren:

Danke fürs Lesen!

Zurück zum Blog? Hier...

Seite teilen?

 

Nichts mehr verpassen?! Lies auf feedly oder bloglovin mit!