4000 Kilometer - Mit Hund durch Schweden Teil 3

 

Gastartikel | Johannes war Ende Mai/Anfang Juni mit seiner Hündin im Schwedenurlaub. Wie das so war, wie ein Schwedisch-Sprachkurs ablaufen kann, wie seine Reiseroute ablief und was er sonst noch so erlebte liest du hier. Auf 4000 Kilometern mit Hund durch Schweden. Falls du´s verpasst hast, hier sind Teil Eins und Teil Zwei.

 

Jetzt aber! Vorhang auf für Johannes und den dritten Teil des Erfahrungsbericht seiner Schwedenreise 2016:


Wer die E4 nördlich Richtung Umeå fährt, begegnet zwangsläufig mehreren Schildern, die allesamt zu einem der drei Parkeingänge des Skuleskogen Nationalparks führen. Mein Navi lotste mich zu meiner Verwunderung jedoch zuverlässig an allen drei Abzweigungen vorbei und so landete ich bald schon auf dem Parkplatz des Naturum „Höga Kusten“. Etwas verwirrt ob des Namens betrat ich schließlich das doch recht imposante Gebäude und erklärte am Tresen kurzerhand, dass ich eigentlich zum Nationalpark wollte und fragte welche der Abzweigungen ich denn am besten hätte nehmen sollen. Die Dame, mit der ich sprach, outete sich dabei zu meiner Freude bereits nach wenigen Sätzen als Exil-Schweizerin und stand mir daher in bestem Deutsch auf all meine Fragen Rede und Antwort.

 

Den Park selbst erkundete ich anschließend zunächst von der Südseite aus. Hier erwarteten mich zunächst zahlreiche Stege, die mitten durch einen naturbelassenen Wald führten. Etwas, das mich bereits am Eingang von Fulufjället enorm gestört hatte: die Tatsache, dass man alles irgendwie zugänglich machen musste, nur um am Ende auf breitgetretenen Wegen von A nach B spazieren zu können. Das war weder in meinem Sinn, noch war Tessa davon allzu beeindruckt.

 

Doch so wie Tessa und ich in Fulufjället alsbald die breiten Schotterwege verlassen konnten und stattdessen auf kleinen, verschlungenen Trampelpfaden über das Fjäll wandern konnten, so wichen auch hier die hölzernen Stege alsbald kleinen Pfaden und farblichen Markierungen an Bäumen und Felsen – sehr zu unserer Freude.

 

Als wir gemeinsam den Slåttdalsberget erkundeten, kamen wir schließlich voll auf unsere Kosten, denn hier musste man stellenweise immer wieder Vorsprünge hochklettern, um voranzukommen. Meine Hündin hatte dabei sichtlich Spaß. Oben auf dem Plateau angekommen, war sie mir darüber hinaus eine echte Hilfe, denn dank der tief stehenden Sonne vor mir, tat ich mich zunehmend schwer, von Weitem die blauen Punkte auf den Felsen zu erkennen, die den Weg markierten. Für Tessa hingegen war es offensichtlich ein Leichtes, die Spuren anderer Wanderer zu finden, und so gab sie immer öfter das Tempo vor.

Hund auf dem Slattdalsberget, im Hintergrund Wald und Schären
Als ich gemeinsam mit Tessa den Slåttdalsberget erklamm, wusste ich, warum Rike dem Nationalpark einen eigenen Blog-Beitrag widmete. Skuleskogen ist ein Paradies auf Erden.
Hohe Küste in Schweden, Skuleskogen Nationalpark
Schönster Ausblick auf die Hohe Küste Schwedens. Erinnernt verdammt an Rikes Logo ;-)
In Schweden im Skuleskogen Nationalpark, Hohe Küste, High Coast, Höga kusten
In Schweden im Skuleskogen Nationalpark

 

Als wir uns schließlich sichtlich begeistert wieder an den Abstieg machten, ahnten wir jedoch noch nicht, was uns kurz darauf erwarten sollte. „Es ist zwar nicht das Paradies, aber es kommt dem schon sehr nahe.“, schrieb ich am Morgen darauf ins Gästebuch, nachdem wir die Nacht am Tärnättvattnen verbracht hatten. Die verträumte kleine Schutzhütte lag direkt an einem kleinen See mitten in der Küstenlandschaft und lud uns nach der stundenlangen Wanderung förmlich zum Verweilen ein. Bis auf eine Dusche und fließend Wasser fand man hier alles, was das Herz begehrte: einen Ofen mit Brennholz (von dem wir an diesem Abend jedoch keinen Gebrauch machten), vier gemütliche Betten, einen Esstisch mit Bänken, ein Plumpsklo und vor allem ein herrliche Aussicht, sobald man zur Türe hinaustrat. Und das alles sollte, wenn man mal von schwedischem Steuergeld absah, nichts kosten. In Deutschland unvorstellbar, zumal eine solche Hütte vermutlich bereits binnen kürzester Zeit dem Vandalismus zum Opfer gefallen wäre. In Schweden hingegen leistete man sich diesen Luxus offenbar bereitwillig, denn als ich die folgenden Tage den Nationalpark kreuz und quer durchwanderte, stieß ich dabei auf zahlreiche weitere Hütten, eine schöner als die andere.

Hündin in Schweden, gegen die Sonne fotografiert.
Hündin Tessa in Schweden.

 

Meine letzte Nacht im Skuleskogen, so dachte ich jedenfalls, verbrachte ich schließlich wenige Tage später mit drei Schwedinnen mitsamt deren und meinem Hund in einer der Schutzhütten. Als ich am nächsten Morgen beschloss, eine Dusche dringend nötig zu haben, bedankte ich mich kurzerhand für die Gesellschaft und brach in Richtung Westen auf, wo ich mein Auto abgestellt hatte. Dort angekommen, fluchte ich allerdings erst einmal lautstark über die schwedischen Straßenverhältnisse (übrigens nicht zum ersten Mal, denn ich hatte den Straßen vor Fulufjället bereits einen Steinschlag zu verdanken).

 

Da ich natürlich weder eines dieser neumodischen Pannen-Kits noch ein Reserverad dabei hatte, galt es einmal mehr zu improvisieren, beziehungsweise improvisieren zu lassen. Denn genau genommen saß ich bereits wenige Minuten später in meinem Campingstuhl und grüßte schaulustige Schweden mit den Worten „Yep. That’s a flat tire.“, während die freundliche Pannen-Assistenz der HUK Coburg von Deutschland aus versuchte, alle Hebel in Bewegung zu versetzen, um mein Fahrzeug abschleppen zu lassen. Dass das nicht einfach werden würde, dachte ich mir bereits beim Blick auf das Datum. Der 6. Juni ist in Schweden nämlich Nationalfeiertag. Die Nachricht, dass ich aufgrund des Feiertags jedoch nicht einmal ein Taxi bekäme, erwischte mich dann aber doch eiskalt. Und so blieb mir letztlich nichts anderes übrig, als an meinem Auto zu übernachten statt in der Ferienwohnung, die ich bereits im Vorfeld gebucht hatte.

 

Als ich am nächsten Morgen schließlich von einem wortkargen Schweden abgeschleppt wurde, konnten mich die 1200 Kronen für einen neuen Reifen dann auch nicht mehr wirklich schocken. Allerdings beschloss ich - nach all dem Stress - die nächste Zeit etwas ruhiger angehen zu lassen und so verbrachte ich die folgenden Tage in einem gemütlichen Ferienhaus etwas abseits, das ich bei meiner Abreise liebevoll „das Hitchcock-Haus“ taufte, weil Tessa und ich dort binnen kürzester Zeit drei tote Vögel im Vorgarten fanden.

 

Trotz der schwierigen Straßenverhältnisse vor Ort – die Landschaft rund um die Höga Kusten hatte mich wirklich tief beeindruckt. Hier konnte ich nicht nur tagelang in stiller Einsamkeit durch die Wildnis wandern, sondern hatte auch mit Hilfe von Via Ferrata (ein Anbieter für Klettertouren) den Skuleberget erklommen. Der Abschied fiel dementsprechend schwer und so tröstete ich mich, indem ich meiner Liste für den Rückweg noch einen weiteren Nationalpark hinzufügte: Stenshuvud.

 

„Stens Haupt“ vertröstete mich jedoch nur bedingt. Der Park war schön, das stand außer Frage. Aber letztlich war er mit seinem ausgeprägten Laubwald doch einfach zu mitteleuropäisch und zu wenig skandinavisch, als dass er mich wirklich hätte begeistern können. Andererseits brauchte ich das vielleicht auch gerade, zumal es mir – dank der beeindruckenden schwedischen Landschaften – zurück in Deutschland vermutlich erst einmal schwer fallen würde, mich wieder für das Wandern zu begeistern.

 

Alles in allem kam mir der äußerste Süden Schwedens doch reichlich vertraut vor. Hier traf ich auf andere Deutsche, denen ich das Tanken mit Kreditkarte erklärte (etwas, das mich vor wenigen Wochen selbst noch stutzig werden ließ) und bekam gelebten Lokalpatriotismus zu spüren, als man mir den Besuch der „Trelleborg“ nahe legte, die – wie sich alsbald herausstellte – nur aus einer Palisade und einem kleinen Haus (das nur als Schaufenster diente) und einem winzigen Museum, welches zudem nicht geöffnet war, bestand. Die Möglichkeit, meine letzten schwedischen Kronen in großem Stil auf den Kopf zu hauen bevor es auf die StenaLine Fähre ging, suchte ich vergebens. Hätte ich das früher geahnt, hätte ich mir die teure Jacke im Fjällräven-Outlet bei Örnsköldsvik tags zuvor wohl doch gekauft.

Die Fähre von Trelleborg nach Rostock.
Die Fähre von Trelleborg nach Rostock.

 

So verließ ich Schweden mit einem Portemonnaie voller schwedischer Kronen. Genug, für das ein oder andere zukünftige Lehrgeld, wie ich fand. Denn so viel stand für mich bereits fest:

 

Ich würde wiederkommen.


Johannes, Baujahr 90, lebt und arbeitet in Hanau. In seiner Freizeit geht er gemeinsam mit seiner Hündin Tessa gern an seine Grenzen. Mental wie geografisch. Zu seinen Hobbies zählen neben zahlreichen Sportarten vor allem das Reisen und Fotografieren. Seine Arbeiten veröffentlicht er unter dem Pseudonym Alpha Image auf Facebook.



Text und Fotos: Johannes Dittrich

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Danke fürs Lesen!

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